Protokolle der Weisen von Zion

Protokolle der Weisen von Zion
Protokọlle der Weisen von Zion,
 
angebliche Niederschriften einer jüdischen Tagung, die einen Plan zur Zerstörung der bestehenden Staaten und zur Errichtung der jüdischen Weltherrschaft enthalten. Sie fußen auf der von dem französischen Schriftsteller Maurice Joly (* 1821, ✝ 1878) verfassten, anonym erschienenen und gegen Napoleon III. gerichteten satirischen Schrift »Dialogue aux enfers entre Machiavel et Montesquieu ou la politique de Machiavel au XIXe Siècle« (Brüssel 1864; deutsch »Gespräche in der Unterwelt zwischen Machiavelli und Montesquieu«). Erstmals wohl Ende des 19. Jahrhunderts (Dreyfusaffäre) auf die Juden umgefälscht, ist eine Anknüpfung an weit verbreitete zeitgenössische Vorstellungen der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nachweisbar. Nach neuesten Erkenntnissen beschlossen russischen Regierungs-Kreise unter Mithilfe der russischen Geheimpolizei Ochrana, ein Dokument gegen liberale Kaptitalismusanhänger zu verfassen, in dem über die »jüdisch-freimaurerische Verschwörung« gegen das Russische Reich aufgeklärt werden sollte. Diese Schmähschrift, eine Übersetzung und Fälschung des Textes von Joly, wurde zum Ausgangspunkt aller weiteren Verbreitung der »Protokolle«. Populär wurde v. a. die Fassung, die von Sergej Nilus (* 1862, ✝ 1912), einem Priester und Publizisten, gleichzeitig Beamter der Synodalkanzlei in Moskau, erstellt wurde (1905, im Anhang der 2. Auflage seines Buches »Das Große im Kleinen oder Nahe ist der herandrängende Antichrist und das Reich des Teufels auf Erden«). Eine Neuauflage (Moskau 1907), mit S. Butmy als Herausgeber, enthält die Angabe des Verfassers, die geheime Versammlung der »Weisen von Zion« habe im Herbst 1897 in Basel stattgefunden. Trotz Nachweis des rein fiktiven Charakters der Protokolle der Weisen von Zion in mehreren Prozessen (Berlin 19. 4. 1924, Johannesburg 21. 8. 1934, Bern 14. 5. 1935, Basel Juni 1936) wurden sie immer wieder publiziert und wiederholt zur Begründung für judenfeindliche Ausschreitungen benutzt. Bedeutung erlangten sie v. a. in der nationalsozialistischen Propaganda sowie - nach 1945 - für die Leugner des Holocaust (Antisemitismus). - Nach neuesten Erkenntnissen, publiziert 1999, sind die Protokolle der Weisen von Zion eindeutig als Fälschung auf nur einen Verfasser zurückzuführen, dessen Handeln im Auftrag des zaristischen Geheimdienstes nachweisbar ist. Danach erhielt der russische Literat, Abenteuerer und Skandaljournalist Matwej Golowinskij (* 1865, ✝ 1920) in Frankreich von einem russischen Geheimdienstagenten den Auftrag zur Erstellung des Textes, der dann nach Russland gebracht und dort von Nilus verbreitet wurde.
 
 
N. Cohn: Die P. d. W. v. Z. Der Mythos von der jüd. Weltverschwörung (a. d. Engl., Neuausg. 1998).

Universal-Lexikon. 2012.

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